Palliativmedizin raus aus der Tabuzone
Der dritte Teil der Reihe Palliativ Care.
Was genau bedeutet Palliativmedizin? Muss ich dann sterben? Nein, ich gehe nicht auf die Palliativstation, da geht man nur zum Sterben hin.
Fragen über Fragen und ganz viel Unsicherheit. Zeit für Erklärungen.
Die WHO definiert Palliativmedizin, als die aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten, die an einer fortschreitenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leiden. Hierbei besitzt die Beherrschung von Krankheitsbeschwerden und die psychologische, soziale und auch seelsorgerische Betreuung höchste Priorität.
Die Palliativmedizin setzt sich für die Menschen ein, die an einer unheilbaren Krankheit leiden und konzentriert sich dabei nicht nur auf die Krankheit selbst. Das gilt nicht nur für Tumorerkrankungen, sondern auch für andere nicht heilbare Erkrankungen wie zum Beispiel Multiple Sklerose (MS), Demenz, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und einige weitere. Entscheiden sich Patient*innen für eine palliative Behandlung, geht es nicht mehr um immer weitere Diagnostik, immer mehr Therapien. Gemeinsam mit dem Patienten/ der Patientin wird besprochen, wie es weitergeht, welche Optionen es gibt. Wichtig ist hierbei, dass es darum geht, was die Patientin/ der Patient sich wünscht. Das sollte immer so sein, ist in der Palliativmedizin aber oberstes Gebot. Offen und ehrlich wird über den Krankheitsverlauf und mögliche Behandlungen, über Nebenwirkungen, über Linderung von Beschwerden und über die Wünsche der betroffenen Person gesprochen. Dies ermöglicht der Patientin/dem Patienten Selbstbestimmung und Kontrolle und holt sie/ihn aus der Hilflosigkeit.
Wieder einen klaren Blick bekommen, in einer unübersichtlichen Zeit. Oft hilft die Natur dabei, zu entschleunigen und den Fokus neu auszurichten.
Und ja, das Sterben ist ein Thema in der Palliativmedizin. Es geht darum, das Sterben zuzulassen, zu erkennen, das der Tod zum Leben dazu gehört. Im Rahmen einer palliativen Behandlung wird offen über das Thema Tod gesprochen. In dem Rahmen, den die Patient*innen sich wünschen. Sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen bekommen den Raum, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Die Möglichkeit, den Weg, der vor ihnen liegt, gemeinsam zu gehen, sich der Endlichkeit des Lebens, der Endlichkeit der gemeinsamen Zeit bewusst zu werden, kann traurig machen. Es kann aber auch Selbstbestimmtheit bringen und die Hilflosigkeit ein Stück verdrängen. Denn mit diesem Wissen und einer palliativen Versorgung ist Vieles möglich. Was möchte ich noch sehen, oder erleben? Mit wem möchte ich meine Zeit verbringen? Gibt es Themen, die ich gerne noch klären möchte, worauf möchte ich meinen Fokus legen?
Eine palliative Situation kann einen langen Zeitraum umfassen, je nach dem, wann ein Mensch diese Hilfe in Anspruch nimmt. Wenn der Kontakt frühzeitig aufgenommen wird, dann kann sich die Begleitung über einen lagen Zeitraum erstrecken. Die Anzahl an physiotherapeutischer Behandlung variiert zu Beginn stark, kann dann intensiver werden oder auch wieder größere Pausen beinhalten. Ebenso verhält es sich mit der Begleitung eines ambulanten Palliativ Teams. In beschwerdearmen Phasen, kann der Kontakt reduziert und bei Verschlechterung wieder aufgenommen werden. Ich finde es wichtig, sich frühzeitig um eine Begleitung zu kümmern, die Scheu zu verlieren und den Möglichkeiten der palliativen Medizin und sich selbst eine Chance zu geben.
Wenn Sie oder Angehörige sich in einer solchen Situation befinden, zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren und Kontakt zum örtlichen Palliativ Team (SAPV) aufzunehmen.
Ihre Physio mit Rad